Mütterrente

Wenn Mütter 100 Euro pro Monat NICHT sparen müssen

Jede Mutter bekommt für die Zeit der Kindererziehung von Vater Staat die Mütterrente gutgeschrieben, sofern sie Pflichtbeiträge in die Rentenkasse einzahlt. Dieses Rentengeschenk bleibt der Frau auch dann erhalten, wenn sie während der Erziehung arbeitet. Dann steigt ihre Rente zusätzlich. „Kammerfrauen“, etwa Ärztinnen oder Anwältinnen, die in ihr berufsständisches Versorgungswerk, können mit der Mütterrente wahre Schätze heben.

All das kostet die Mütter keinen einzigen Cent. Mit einer Ausnahme: Geschiedenen Frauen kann die im Jahr 2014 angehobene Mütterrente zur Hälfte gekappt werden. Und ja: Es gibt auch eine „Väterrente“, etwa, wenn die Frau ihrem Ehemann die Mütterrente überträgt. In diesem Beitrag wollen wir die wichtigsten Fragen zum Thema klären. Auch, warum Finanzberater bei der Mütterrente versagen, weil eine Mutter mit zwei Kindern 100 Euro/Monat nicht sparen müsste.

Mütterrente gibt es für jedes Kind

Merke: Jede Mutter bekommt ihren Rentenzuschuss. Pro Kind steigt die Rente einer Mutter später im Alter, meist 67, um monatlich rund 96 Euro. Das ist der Wert 2018 für die alten Bundesländer, der aber für Renten, die ab 2025 beginnen, auch für Ostdeutschland gilt. Wurden die Kinder vor 1992 geboren, bekommen die Mütter seit dem Jahr 2014 zirka 64 Euro Zusatz je Kind. Ab dem Jahr 2019 bekommen Mütter „älterer“ Kinder – vor 1992 auf die Welt gekommen – mit dem Rentenpaket der Bundesregierung jeweils einen halben Entgeltpunkt (16,02 Euro West, 15,3 Euro Ost) Zuschlag auf die Mütterrente.

Was viele Eltern, auch Väter, nicht wissen: Nach der Geburt eines Kindes tut die Deutsche Rentenversicherung so, als würde die Mutter in den ersten drei Jahren danach weiterarbeiten und das Durchschnittseinkommen des Deutschen verdienen. Die Rentenbeiträge hierfür zahlt der Staat als fiktiver Arbeitgeber (also der Steuerzahler). Die Rentenkasse rechnet in diesem Jahr mit 3.156 Euro brutto. Dies gilt pauschal. Also auch, wenn das Einkommen der Mutter vor der Geburt größer oder kleiner war. Und das bedeutet:

Mütterrente für Kinder, die ab 1. Januar 1992 geboren wurden

Auch Geringverdienerinnen erhalten als Mütter eine Art „Renten-Gehaltserhöhung“. Die fiktiven 3.156 Euro gelten als 1,00 „Entgeltpunkte“ und bedeuten einen Rentenwert von 32,03 Euro mal drei Jahre = exakt 96,09 Euro Rente pro Monat. Dieser Wert wächst von Jahr zu Jahr, etwa parallel zu den Löhnen der Beitragszahler der Rentenversicherung – und damit auch die spätere Rente der Mutter. Die genannten Werte gelten für Mütter, deren Kinder nach dem 1. Januar 1992 geboren wurden.

Mütterrente für Kinder, die VOR 1992 geboren wurden

Für Kinder, die VOR 1992 geboren wurden, erhalten Mütter 2/3 der oben genannten Beträge, also zwei Entgeltpunkte zu je 32,03 Euro. Macht 64,06 Euro Mütterrente für jedes Kind.

Ausblick 2019: Ab 2019 plant die Bundesregierung, Müttern „älterer“ Kinder – vor 1992 geboren – jeweils von weiteren 32 Euro Zuschlag zu geben. Voraussichtlich soll dies aber nur Frauen zugutekommen, die mindestens drei Kinder zur Welt gebracht haben. Hier geht es zur Broschüre der Deutschen Rentenversicherung „Kindererziehung – Ihr Plus für die Rente“.


Hinzuverdienst während der Erziehung erhöht die Mütterrente

Ob die Mutter wirklich arbeitet, zuhause bleibt, hinzuverdient, Erziehungsgeld kassiert oder nicht: das ist egal. So lange der “echte” Zusatzverdienst aus einem Job während der Erziehungszeit monatlich 3.344 Euro nicht übersteigt, dann bekommt jede Mutter den Kinderzuschuss zur Rente. Plus ihre Rente aus ihrem Job während der Kindererziehung.

Das Ganze rechnet sich so:

3.156 Euro fiktives Brutto-Einkommen Kindererziehungszeit/je Kind)
+ 3.344 Euro brutto: „echtes“ Einkommen der Mutter (lediglich höhere Einkommen „verpuffen“)
= 6.500 Euro brutto pro Monat

Bekommt eine Mutter Zwillinge oder kurz nach der ersten Geburt im Folgejahr gleich das zweite Kind, dann wird die Mütterrente verdoppelt (oder vervielfacht, je nach Kinderzahl). Nachteile entstehen dadurch grundsätzlich keine.

Exkurs Teilzeit

Was auch kaum jemand weiß: Teilzeit-Arbeit bringt Müttern einen automatischen Zuschlag bei der Rente. Mütter, die nach der Geburt in Teilzeit arbeiten, bekommen einen weiteren Zuschlag für ihre Rente. Die Deutsche Rentenversicherung wertet alle Einkommen der Mutter in den ersten zehn Jahren nach der Geburt des Kindes um 50 Prozent auf!

Beispiel

Eine junge Mutter verdient monatlich 2.000 Euro brutto, das entspräche auf das Arbeitsjahr gerechnet normalerweise nur zirka 20 Euro Mehr-Rente. Die Rentenkasse macht daraus (50 Prozent Zuschlag) während der ersten 10 Jahre nach der Geburt eines Kindes 3.000 Euro (bis zum Höchstwert ist 3.156 Euro/Monat) und entsprechend rund 30 Euro Rente. Dieser Zuschlag erfolgt automatisch. Mann, nein frau, muss das nicht extra bei der Rentenkasse beantragen.

Wie komme ich an die Mütterrente?


Frau muss lediglich das zwei Formulare der Rentenkasse ausfüllen:

  1. den „Mantelbogen“ V 0100 (hier downloaden)
  2. den Antrag Kindererziehungszeiten V 0800 (hier downloaden)

Die Anträge sehen kompliziert aus. Das sind sie aber nicht. Bei Fragen einfach die Deutsche Rentenversicherung anrufen – das klappt wirklich sehr gut: Tel. 0800 1000 480 70. Dort kriegen Sie alle Fragen zur Mütterrente los, falls Sie mit dem Formular nicht klarkommen (es ist aber zu 99% gut verständlich).

Der Rest ist ein Briefumschlag und eine Briefmarke. Zirka drei-vier Monate später kommt eine neue Renteninformation per Post. Dort steht es dann schwarz auf weiß: Mutters „künftige Regelaltersrente“ mit 67 hat sich um 96 Euro erhöht. Pro Kind.

Gibt es auch eine „Väterrente“? Ja!

Und ja: Auch Männer können die Mütterrente erhalten. Und zwar dann, wenn die Mutter ihnen die Mütterrente überträgt (das geht ebenfalls mit dem Rentenformular V 0800 – siehe oben). Das lohnt sich dann, wenn die Mutter als Selbstständige nicht in die staatliche Rentenkasse einzahlt und dann weder einen Anspruch weder auf Rente, noch auf Mütterrente hat. Dann kann der Mann, etwa wenn er Angestellter Rentenpflichtbeiträge bezahlt, die Mütterente seiner Frau übernehmen.

Kammerfrauen – Ärztinnen, Apothekerinnen, Anwältinnen oder Apothekerinnen profitieren

Der Zuschlag für Mütter gilt auch für „Kammerfrauen“. Frauen in „Kammerberufen“: Ärztinnen, Apothekerinnen, Anwältinnen oder Architektinnen, die statt in die gesetzliche Rente in eigene berufsständische Versorgung einzahlen. Auch diese Mütter können bei der Deutschen Rentenversicherung ihre Kindererziehungszeiten eintragen lassen. Dies hat das Bundessozialgericht im Jahr 2009 entschieden.

Ansprüche heben

Manche Kammerfrauen haben vor dem Studium doch mal ein, zwei Jahre in die Rente eingezahlt. Geld, das bisher verfiel, weil die Mindest-Beitragszeit von fünf Jahren für die Rente nicht erreicht wurde. Mit nur einem Kind (zählt als drei Jahre Beitragszeit) lassen sich diese Zeiten auf die erforderlichen fünf Jahre Mindest-Beitragszeit „auffüllen“ und versunkene Schätze heben.

Sie bekommen nicht nur ihre Mütterrente, sondern reaktivieren auch eigentlich verfallene Ansprüche bei der Deutschen Rentenversicherung. Hilfsweise zahlen diese Frauen einmal rund 1.000 Euro an die Deutsche Rentenversicherung und sichern sich so ein Vielfaches an Rente! Dieser Tausender bringt dann zusätzlich einen Hunderter Mütterente. Pro Kind. Ab 67 – lebenslang.

Für Ärztinnen, Apothekerinnen, Anwältinnen oder Architektinnen ist die Mutterente eine Lizenz zum Gelddrucken. Weil diese Frauen oft vergessen, dass sie sich Geld von der Rentenkasse holen können.

Achtung nach Scheidung! Die erhöhte Mütterrente kann sich halbieren

Geschiedene Partner haben bei ihrer Trennung in der Regel einen so genannten Versorgungsausgleich gemacht. Dabei wird verglichen, welcher der Ehepartner in der Zeit von der der Heirat bis zur Trennung seine Rentenanwartschaften mehr gesteigert hat als der oder die andere Person.

Der Unterschiedsbetrag wird halbiert und den „ärmeren“ Ex-Partner auf dem Rentenkonto gutgeschrieben. Aber durch die im Jahr 2014 gestiegene und im Jahr 2019 (wahrscheinlich) weiter steigende) Mütterrente kann sich der „reichere“ Ex-Ehepartner Geld zurückholen:

I. Grundsatz Versorgungsausgleich:

Beträgt der Unterschied der beiden Ex-Partner am Ende der Ehezeit 1.000 Euro Rentenanwartschaft, dann wird durch Zwei geteilt. Dadurch erhält der/die „Ärmere“ (1.000 : 2 =) 500 Euro an Rentenwert gutgeschrieben. Meist kam dieser Rentenausgleich Frauen zugute, weil sie oft weniger verdienten, kürzer oder Teilzeit arbeiteten.

II. Besonderheit: Halbierte Mütterrente

Im Jahr 2014 hat der Staat die Mütterrente für Kinder – vor 1992 geboren – von 32 auf 64 Euro monatlich erhöht. Nun regelt das Familiengesetz, dass Rentenunterschiede bei der Scheidung mittels Versorgungsausgleich wie beschrieben durch Zwei geteilt werden. Das gilt aber auch dann, wenn die Frau „plötzlich“ mehr Rente bekommt, etwa wegen der erhöhten Mütterrente seit dem Jahr 2014: 32 Euro pro Kind.

Und das bedeutet im Effekt, dass der Ex-Ehemann von diesem Geld die Hälfte der Mehr-Rente kassieren kann. Dazu muss der Mann nur drei Monate vor seinem oder ihrem (Ex-Frau) Rentenbeginn einen neuen Versorgungsausgleich beantragen (§ 225 FamG): Die zwischenzeitlich gestiegene Mütterente der Ex-Gattin fließt zur Hälfte an den Ex zurück.

Finanzberater versagen

100 Euro pro Monat NICHT sparen! Das geht so:

Der Wert der Mütterrente von 96 Euro pro Kind entspricht etwa 35.000 Euro. Finanzfachleute nennen diesen Betrag den Barwert. Pro Kind. Für jedes erzogene Kind liegt für Mütter bei der Deutsche Rentenversicherung also einen richtig großer Sack Geld bereit. Bei zwei Kindern reden wir von knapp 200 Euro oder einem Wert von 70.000 Euro.

Damit eine 32-jährige Frau bis zum Alter von 67 Jahren 70.000 Euro anspart, dafür müsste sie bei drei Prozent Zinsen p.a. jeden Monat rund 100 Euro auf die hohe Kante legen. Das muss sie NICHT! Weil sie ja die Mütterrente hat. Oder, besser gesagt, das müsste sie nicht, weil sie ja die Mütterrente haben könnte …

Hätte, müsste, könnte: … falls der Finanzberater oder Versicherungsvertreter der Frau das mit der Rente für Mütter erklären würde. Das wird aber selten gemacht. Schlaue Finanzberater würden der Mutter jetzt vorschlagen: „Sie beantragen ihre Mütterrente. Dadurch müssen sie jeden Monat 100 Euro NICHT sparen.“ Kennen Sie einen Finanzmann, der Geldgeschenke mitbringt? Das geht. Siehe oben.

Autor: Markus Rieksmeier

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